Seit dem 1. Mai ist es nun soweit: Mit dem neuen Maibaum übergibt Karl Schweisfurth nach genau 22 Jahren die Geschäftsführung der Herrmannsdorfer Landwerkstätten Glonn GmbH & Co.KG an seine Nichte Sophie Schweisfurth, die sich diese neue Herausforderung gemeinsam mit ihrem Mann Mathias Stinglwagner teilen wird.
Mathias hilft an der Schwalbe tatkräftig beim Aufstellen des Baumes zusammen mit Herrmannsdorfer Mitarbeitern und dem Bairer Burschenverein.
Danach verkündet Karl Schweisfurth feierlich die große Neuigkeit vor interessiertem Publikum. Sophie überreicht ihrem Onkel zum Dank symbolisch eine stabile Grabegabel, denn er habe ihnen viel Handwerkszeug mitgegeben. Als solches möge ihm dieses Werkzeug in Zukunft dienen. Karl Schweisfurth hat ja nicht vor, sich zur Ruhe zu setzen, sondern er wird sich als Geschäftsführer der Gut Herrmannsdorf KG mit Begeisterung der Landwirtschaft widmen. Die Mitarbeiter lassen ihren Chef nur ziehen, weil sie wissen, dass er nicht weit weg ist. An dem Fahrrad, das sie ihm zum Abschied schenken, hängt ein Schild mit dem Satz: „Nur der Held fährt aufs Feld.“ Unter Beifall fährt Bauer Karl mit seiner Frau Gudrun, die sich in den Fahrradkorb setzt, davon.
Sophie Schweisfurth: „Es ist eben ein Erbe, das wir antreten, das – wie man heute erleben kann – vielen Menschen wichtig ist. Mein Großvater hat den Samen gesät, mein Vater Georg, der in der ersten Zeit die Idee umgesetzt hat, hat den Setzling gehegt und gepflegt und dann ist es unter Karl in den letzten 22 Jahren zu einem richtigen Baum geworden. Und jetzt ist es an uns, diesen Baum wetterfest zu machen, komme was wolle in der heutigen Zeit. Das ist eine Herausforderung und eine Verantwortung, dessen sind wir uns bewusst, aber wir freuen uns darauf und haben gute Voraussetzungen: wahnsinnig viele tolle Mitarbeiter, die bereit sind, mit uns den Weg zu gehen, und eine großartige Familie, die uns begleitet und hinter uns steht.“
Wir haben dieses Ereignis zum Anlass genommen, um im Rahmen eines Gesprächsforums mit dem Titel „Helden und ihre Kinder – Herausforderungen beim Generationen-Übergang in Pionierunternehmen“ über das Thema Generationenübergang in Unternehmen zu sprechen. Immer mehr Öko-Pionierunternehmen, Biobauern und mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihr Lebenswerk an die nächste Generation übergeben zu wollen und es lohnt sich, diesem Thema darum die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Es geht um geistige Werte von Menschen, die in der Welt Spuren hinterlassen haben und die auch in einer sich verändernden Welt Orientierung geben können, ohne Gestaltungsspielraum zu nehmen. Es geht dabei aber auch um das Thema Familie und um die Frage, was es braucht, dass das Band zwischen den Generationen nicht zerreißt, sondern wirklich Bestand hat.
Familienunternehmen haben ein ganz eigenes Innenleben und vielleicht ist es dieses geheimnisvolle Innenleben, warum insbesondere familiengeführte mittelständische Unternehmen einen so großen Beitrag geleistet haben und leisten zum ökonomischen Reichtum unseres Landes. Viele dieser Unternehmen wurden von einem sogenannten „Helden“ gegründet, der etwas Neues wagte und ungewöhnliche Lösungen in die Praxis umsetzte. Der familiäre Rückhalt half häufig dabei, dem gesellschaftlichen Gegenwind stand zu halten. Und das Wissen um die Bedeutung des Neuen in der Gesellschaft gibt einem Unternehmen wiederum das Feuer, das auch in der nächsten Generation weiter brennen kann.
Generationenübergänge bringen manches von dem, was Unternehmerfamilien im Kern zusammenhält, ans Licht, zumindest sind sie Anlässe, um darüber nachzudenken. Denn letztendlich findet bei diesen Übergängen auch so etwas wie Kulturwandel statt. Ein gesundes eigenes sich Vergewissern in der Familie und Kultur schafft die Voraussetzung dafür, Wurzeln zu erhalten und wieder Neues zu schaffen, das auch in Zukunft gefordert ist.
Diese familiären und gesellschaftlicher Prozesse wurden auf der Veranstaltung „Helden und ihre Kinder -“ anschaulich beleuchtet. Und die lebendigen Erfahrungen der beiden Familien, die mittendrin stehen in diesem Prozess des Übergangs, sowie philosophischen Reflexionen der alten Generation und des Instituts für Leadership und Philosophie haben Substanzielles hervorgebracht, das auch anderen Familien bei dieser Herausforderung und Chance hilfreich sein kann.
Es sprachen:
Karl Ludwig Schweisfurth, Gründer der Herrmannsdorfer Landwerkstätten
Dr. Franz Ehrnsperger, das Traditionsunternehmen Neumarkter Lammsbräu wird unter seiner Hand zur ersten ökologischen Brauerei mit einem komplett nachhaltigen Unternehmenskonzept, für das er mehrfach ausgezeichnet wurde u.a. 2001 mit dem Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung.
Johannes Ehrnsperger, ist seit Januar 2018 Teil der Geschäftsleitung im elterlichen Unternehmen der zweiten Generation der Ökopioniere.
Karl Schweisfurth, 22 Jahre Geschäftsführer in Herrmannsdorf, führt zusammen mit seiner Frau Gudrun die Vision seines Vaters zum wirtschaftlichen Erfolg.
Sophie Schweisfurth, übernimmt ab 1. Mai zusammen mit ihrem Mann Mathias Stinglwagner die geschäftsführende Verantwortung in Herrmannsdorf in dritter Generation.
Johannes Lober, Geschäftsführer des Instituts für Philosophie und Leadership der Hochschule für Philosophie, das unter anderem Unternehmerfamilien im Übergabeprozess an die nächste Generation eng begleitet.
Moderation: Anne Baumann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller e.V.
Zum Ausklang der Veranstaltung folgt die Uraufführung des kurzen Films „ … was am Ende wichtig ist“ mit Karl Ludwig Schweisfurth. Ein Film von Hans Günther Kaufmann.
Wir empfehlen die ausführliche Zusammenfassung des Forums (PDF).
Wer es kurz haben möchte, dem diene die folgende Konklusion:
Im Spannungsfeld von Loslassen und Annehmen von Verantwortung braucht es Werte für das Unternehmen und für das persönliche Miteinander. Dazu gehört z.B. die Möglichkeit, für beide Seiten, NEIN sagen zu können. Für Karl Ludwig Schweisfurth ist es wichtig, den jungen Menschen von Anfang an Selbstvertrauen zu ermöglichen nach dem Motto: „Du kannst das, streng dich an, dann schaffst du das und wenn du Hilfe brauchst, dann helfe ich dir.“
Auch das Loslassen will von Anfang an gelernt sein, so Franz Ehrnsperger. Es geht dabei um die innere Größe, die nächste Generation mit Genugtuung über sich hinaus wachsen zu lassen, denn wir alle stehen auf den Schultern der Generationen vor uns.
Entscheidend ist für beide Pioniere, dass geistige Grundlagen und Werte im Mittelpunkt stehen und nicht moralische Vorstellungen ohne Substanz. Auch Johannes Lober betont die Bedeutung von Werten, die in einem Sinnbezug zur Welt stehen, und die sich die junge Generation im Hören auf die eigene Stimme selbst aneignen. Im Unternehmensübergang geben solche Werte einen gemeinsamen Rahmen, in dem gegenseitiger Respekt, Vertrauen und Handlungsspielraum für neuen Pioniergeist entstehen kann. Für Franz Ehrnsperger haben Organisationen nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn sie notwendig sind, also Not wenden.