Hier in Herrmannsdorf hat Karl Ludwig Schweisfurth in den vergangenen Jahrzehnten gewirkt und einen Leuchtturm für eine zukunftsgerechte Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft erbaut, der weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. Insbesondere das Tierwohl lag ihm als passioniertem Metzger nach tiefen Erfahrungen in seinem alten Leben „Herta – wenn‘s um die Wurst geht“ am Herzen. „Wir nehmen den Tieren das Leben, darum ist es uns eine ethische Pflicht, ihnen ein gutes Leben zu geben“, das war seine tiefe Mission. Er hatte mit 55 Jahren in Herrmannsdorf, Sonnenhausen und mit seiner gleichzeitig gegründeten Schweisfurth-Stiftung in München noch einmal ganz von vorne angefangen. So war er für uns alle immer der Mahner, aber auch der Reformer.

Karl Ludwig Schweisfurth verstarb am 15. Februar 2020 im Alter von 89 Jahren.

Wir werden das Werk in seinem Sinne fortführen und möchten uns bei ihm bedanken!
Wir werden ihn sehr vermissen.

„In Herrmannsdorf habe ich 1986 noch einmal ganz neu angefangen und zusammen mit meinen Söhnen und vielen Wegbegleitern meine Vision von einem Leben und Arbeiten im besseren Einklang mit der Natur verwirklicht. Im Jahre 1996 habe ich die Geschäfte der Herrmannsdorfer Landwerkstätten in die Hände meines Sohnes Karl gelegt. Nun sind wir bereits eine Generation weiter und Karl hat 2017 seine Aufgaben meiner Enkelin Sophie übergeben.

Wie alles begann

Meine Lehr- und Wanderzeit in Amerika Mitte der 1950er Jahre hat mich für dreißig Jahre geprägt. Die ersten Fließbänder, die ersten Verpackungsautomaten und die ersten elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen standen bei Herta. Der technische Fortschritt beherrschte unser Tun. Wir waren Pioniere der Moderne. Anfang der 1980er Jahre kamen meine ersten Zweifel.

Schweisfurths alter Laden in Herten

Ich hatte von meinem Vater gelernt, dass in seinem Unternehmen der Mensch im Mittelpunkt steht (und nicht die Maschine). Das wurde auch so gelebt. Ich spürte, dass ich meine sozialen Wertvorstellungen und meine Achtung für die bodenständigen Handwerker nicht durchhalten würde, wenn der Mensch nur noch als Kostenfaktor betrachtet wird. Ich merkte, dass die Qualität meiner Lebensmittel unter dem mörderischen Druck des Wettbewerbs unmerklich verloren ging.

„Wer mit Boden, Pflanzen und Tieren umgeht und Lebens-Mittel für Menschen erzeugt, trägt hohe Verantwortung. Wir brauchen ethische Grundwerte, die uns sagen, was wir tun müssen und was wir nicht tun dürfen, sonst sind wir ohne Orientierung.“

Karl Ludwig Schweisfurth

Die Wende

Irgendwann war das Maß voll. Beim jährlichen Fasten im Januar 1984 war die Wende da. Die Botschaft: Höre auf und fange neu an – klein, überschaubar und mit menschlichem Maß. Wieder alles zusammenbringen, was zusammengehört: die Bauern, die Lebensmittel-Handwerker und die passionierten Verkäufer als Mittler zum Verbraucher.

Ich wollte die vom Aussterben bedrohte, gute alte Handwerkskunst der Bauern, Metzger, Bäcker, Käser, Brauer etc. wieder zurückholen, natürlich ökologisch. Der Mensch sollte wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Über allem standen meine Vorstellungen vom „Leben und Arbeiten im besseren Einklang mit der Natur“. Das war auch der Leitgedanke der gleichzeitig gegründeten Schweisfurth-Stiftung. Von Anfang an waren da Wertvorstellungen jenseits von Effizienz und Rationalität sowie die Überzeugung, dass da außer Waren und Preisen auch ethische Werte, wie die Würde von Mensch und Tier oder der achtsame Umgang mit der Natur, ihre Bedeutung haben. Ich erinnere mich, dass ich am Anfang für solche Gedanken als Spinner angesehen wurde.

Karl Ludwig Schweisfurth

Mir war klar, dass solche Ansprüche an Leben und Arbeiten, an Denken und Handeln höhere Preise für unsere Lebens-Mittel zur Folge haben würde. Ich wollte wieder „Mittel zum Leben“ erzeugen und nicht billige Nahrung produzieren. Es war ein langer Weg, den Menschen glaubhaft zu kommunizieren, dass ein Schnitzel nicht gleich ein Schnitzel und ein Ei nicht gleich ein Ei ist und dass es da gravierende Unterschiede in der ethischen sowie in der Geschmacks- und Gesundheitsqualität gibt. Letztendlich musste ich beweisen, dass sich eine solche Philosophie auch rechnet und dass die Summe der Einnahmen größer sein wird als die Summe der Ausgaben.“

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